Inhaltsverzeichnis:
Inhalt / Module in Listenform
Spezielle Medikamenteninfos
Apotheke für Hütten, Haushalt und Wohnmobil
Eine Rucksack-Apotheke sollte ein obligatorischer Ausrüstungsbestandteil bei jeder Bergtour sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich nur um eine Halbtagsunternehmung im Klettergarten, eine harmlose Wanderung, eine kurze Mountainbikefahrt oder eine sonstige leichte Tour handelt. Denn Unfälle passieren in der Regel überall bzw. immer dann, wenn man sie nicht erwartet!
Erfahrungsgemäß sind die Variationen bei Inhalt und Umfang der Rucksackapotheken sehr groß: In der Praxis sieht man oft überholungsbedürftige Minimallösungen mit wenigen Pflastern und einer kleinen Binde bis hin zu großen und schweren Zusammenstellungen, die dann aus Gewichtsgründen vielleicht doch auf der Hütte oder beim Einstieg zu einer Klettertour zurückgelassen werden. Besser ist es, sich auf das wirklich Notwendige zu beschränken und diese Apotheke dann auch immer dabei zu haben. Ein generelles Problem ist jedoch, daß für ganz verschiedene Touren auch unterschiedliche Inhalte und Mengen mitgenommen werden sollten. Da es ein ziemlicher Aufwand wäre, für jede Tour die Apotheke neu zu packen, hat sich am besten ein Modulsystem für die typischen Anwendungsbereiche bewährt.
Eine Minimalausrüstung sollte immer dabei sein. Hierbei handelt es sich um Mittel zur Erstversorgung von Wunden und um ein paar Schmerzmedikamente. Zusammen mit Kompressen, Dreiecktuch, einer Rettungsfolie und einer elastischen Binde ergibt sich ein Standardset, das bei Tages- und Wochenendtouren ausreicht. Ein Ergänzungsset ist für mehrtägige Touren) und / oder für eine größere Gruppe im Alpenraum gedacht. Im kleinen und leichten Survivalset sind nützliche Kleinigkeiten für Repararuren und zum Improvisieren zusammengefaßt.
Das Fernreiseset ist besonders wertvoll in Ländern mit niedrigerem medizinischen Standard oder bei Fahrten abseits der Zivilisation. Ein kleines, aber teures Höhenset mit Medikamenten wird speziell bei Trekkingtouren und Expeditionen über 3.000 m Höhe gebraucht.
Es gibt fertige Rucksackapotheken mit Pflaster und Verbandsmaterial zu kaufen, in denen aber grundsätzlich keine Medikamente enthalten sind. Diese muß man sich in der Regel selbst zusammensuchen, was bei nicht verschreibungspflichtigen Mitteln kein Problem ist. Bei rezeptpflichtigen Mitteln braucht man jedoch die Hilfe eines Arztes.
Insgesamt ist das Zusammenstellen einer guten Rucksack- oder Reiseapotheke leider eine ziemlich schwierige, zeitraubende und auch teure Angelegenheit. Auf Grund eigener langjähriger Erfahrung auf diesem Spezialgebiet werden im Folgenden Vorschläge für universelle und praxiserprobte Bergsteigerapotheken gemacht:
Eine komplette Zusammenstellung der Einzelmodule und Arzneimittel inklusive einiger Zusatz-Infos wurde absichtlich auf einer Doppelseite komprimiert abgedruckt, um sie problemlos für die eigene Rucksackapotheke kopieren zu können. Das Gleiche gilt - trotz kleinerer Wiederholungen - auch für die kurze und einheitliche Zusammenfassung der empfohlenen Medikamente weiter unten. Dabei werden auch die in der Praxis bewährten Mengen angegeben, denn es ist nicht notwendig, immer eine ganze Schachtel Tabletten oder zu viele Einzelteile mitzunehmen.
Eine kleine Apotheke (Modul 1 - 3) reicht für die Touren in den Alpen aus und kostet mit Tasche etwa 80 Euro. Eine große Apotheke (Modul 1 - 5) ist weltweit für alle bergsteigerischen Unternehmungen einsetzbar und kostet mit größerer Tasche etwa 200 Euro. Benötigt man bestimmte Module nicht, können diese Mittel zu Hause gelassen werden. Der freiwerdende Platz in den Taschen kann für kurze Touren auch gut für die persönlichen Sanitär-Utensilien wie Zahnbürste, Kamm, Miniseife etc. benützt werden. Der einzige Nachteil der relativ kleinen und kompakten Apotheken ist eine gewisse Druckempfindlichkeit. Deshalb die Taschen im Rucksack geschützt und möglichst weit oben packen, um einen Schaden an Tabletten oder Salben zu vermeiden. Die zwei Ampullen in Modul 4 bzw. 5 sind dagegen in einer leeren Spritze stoß- und bruchsicher aufbewahrt.
Die Medikamente halten normalerweise 2-3 (max. 4) Jahre. In echten Notfällen können sie noch etwas über das Verfalldatum hinaus verwendet werden. Ansonsten sollten die Medikamente immer wieder überprüft und rechtzeitig ausgetauscht werden. Wenn beim Teilen von Tablettenstreifen die Medikamentennamen nicht mehr vollständig lesbar sein sollten oder das Haltbarkeitsdatum fehlt, diese wichtigen Informationen unbedingt mit einem wasserfesten Filzstift selbst auf die Streifen schreiben.
Die einzelnen Module sind gut aufeinander abgestimmt, es können aber je nach Bedarf Arzneimittel individuell noch ausgetauscht werden (z.B. zwischen Modul 1 und 2 oder 4 und 5). Der Inhalt der einzelnen Module ist wasserdicht in beschrifteten Plastikbeuteln verpackt. Als äußere Verpackung eignet sich ein stabiler Reißverschluß-Beutel (kleine Tasche: ca. 18 x 12 x 6 cm), der außen mit einem roten Kreuz gekennzeichnet ist. Schon vorhandene Erste-Hilfe-Apotheken können mit diesen Vorschlägen gut ergänzt werden.
Bitte Medikamente nur bei eigener Erfahrung und in Notfällen verabreichen sowie Beipackzettel und Verfallsdatum beachten! "Rp" bedeutet rezeptpflichtige Medikamente in (Deutschland), d.h. sie sind nur mit ärztlicher Verschreibung erhältlich. Diese Präparate dürfen deshalb nur bei entsprechendem Notfall (kein Arzt erreichbar) und nur nach maximal möglicher Aufklärung des Verletzten oder Erkrankten (Beipackzettel, Erste-Hilfe-Buch) und sorgfältiger Güteabwägung (Nutzen, Risiko) abgegeben werden!
Diese medizinische Notfall-Grundausstattung (relativ klein und leicht) sollte immer dabei sein, auch im Klettergarten und bei Halbtagestouren. Der extra verpackte erste Teil paßt auch in kleine Taschen (sogar in das Unterfach eines Magnesiumbeutels auf Sportkletterrouten) und ist damit die Minimalausrüstung (Modul 1 A) für alle Touren.
Diese nützlichen Kleinigkeiten sind vor allem für kleine Reparaturen an der Ausrüstung oder für sonstige Improvisationen und Notfälle, z.B. beim Biwakieren, gedacht.
Mögliche Ergänzungen:
Dieses Set ist - zusammen mit Modul 1 - für längere Unternehmungen (mehrtägige Bergfahrten, Hochtouren, Urlaube) und / oder für eine größere Gruppe gedacht.
Zusätzliche Ergänzungen:
Sonnenschutzmittel (mindestens Schutzfaktor 10!) und Lippenstift nicht vergessen! Ggf. mehr Verbandsmaterial oder breites Tape (3,5 cm).
Zusätzlich zum Modul 3 ist dieses Set besonders nützlich in Ländern, in denen der medizinische Standard niedriger und in denen man längere Zeit allein unterwegs ist. Hierzu gehören besonders Mittel gegen Magen-, Darm-, Erkältungs- oder sonstige Infektionskrankheiten. Eine individuelle reisemedizinische Beratung wird sehr empfohlen, vor allem auch wegen eventuell notwendiger Schutzimpfungen, Malaria-Prophylaxe oder länderspezifischer Besonderheiten!
Hier ist vor der Reise unbedingt eine spezielle persönliche höhenmedizinische Beratung über Einsatzbereiche, Dosierungen, Nebenwirkungen und Gefahren notwendig!
Gewichtsangaben:
Kleine Apotheke (Modul 1 - 3 + Tasche) ca. 550 g,
Große Apotheke (Modul 1 – 5 + Tasche) ca. 750 g.
Die folgenden Informationen ergeben eine kurze Übersicht über die wichtigsten vorgeschlagenen Medikamente in alphabetischer Reihenfolge. Dabei werden teilweise bekannte Handelsnamen als Beispiel genannt, in Klammern dann noch jeweils der Wirkstoff (pharmakologischer Name) sowie das zugehörige Modul und eine eventuelle Rezeptpflicht (= Rp!) in Deutschland. Sie ersetzen jedoch keinesfalls das Studium der jeweiligen Beipackzettel und noch viel weniger eine kompetente ärztliche Beratung!
Anwendung: Höhenlungenödem (eigentlich ein Bluthochdruckmittel bzw. Herzmittel bei Angina pectoris).
Nebenwirkungen: Insbesondere zu Beginn kann es, meist vorübergehend, zu Kopfschmerzen und Gesichts- bzw. Hautrötung mit Wärmegefühl kommen. Gelegentlich Erhöhung des Herzschlags, Herzklopfen, Schwindel, Müdigkeit, Kribbeln in Armen und Beinen.
Dosierung: Beim Höhenlungenödem 1 Tablette zu Beginn, dann alle 6 Stunden bis zum Rückgang der Symptome. Retardtabletten unzerkaut mit Flüssigkeit einnehmen.
Anwendung: Zur schleimlösenden Therapie bei akuten und chronischen Erkrankungen der Bronchien und der Lunge mit zähem Schleim.
Nebenwirkungen: Magen- Darmbeschwerden (z.B. Übelkeit, Bauchschmerzen), Überempfindlichkeitsreaktionen an Haut und Schleimhaut (z.B. Schwellung, Ausschlag, Rötung, Juckreiz), Atemnot, Gesichtsschwellung, Temperaturanstieg mit Schüttelfrost.
Dosierung: Während der ersten 2 - 3 Tagen 3 x täglich je 1 Tablette, danach 2 x täglich je 1 Tablette. Tabletten nach den Mahlzeiten unzerkaut mit reichlicher Flüssigkeit (Wasser, Saft, Tee) einnehmen.
Anwendung: Infektionen der Atemwege, von Hals, Nase und Ohren, von Bauchraum, Nieren und Harnwege, von Weichteilen, Haut und Knochen sowie bei Durchfällen.
Nebenwirkungen: Überempfindlichkeitsreaktion (z.B. Hautausschläge), Gelenk-, Muskel- und Sehnenbeschwerden, zentralnervöse Störungen (Schwindel, Kopfschmerzen, Erregungs- zustände), Magen-Darm-Störungen. Nicht bei Anfallsleiden verwenden!
Dosierung: 2 Tabletten pro Tag mit Flüssigkeit einnehmen.
Anwendung: Chronischer Höhenreizhusten. Symptomatische Behandlung von Reizhusten (unproduktiver Husten) sowie mäßig starke Schmerzen.
Nebenwirkungen: Zu Beginn der Behandlung treten häufig Übelkeit und Erbrechen auf. Weitere häufige Nebenwirkungen sind: Verstopfung, leichte Kopfschmerzen, leichte Schläfrigkeit.
Dosierung: Bei Schmerzen beträgt die Einzeldosis bei Erwachsenen 1 (- 2) Tabletten. Diese Dosis kann etwa alle 6 - 8 Stunden wiederholt werden. Bei Reizhusten ist die Dosierung und Dauer der Anwendung abhängig von der Hustenstärke und -häufigkeit. Tabletten unzerkaut mit etwas Flüssigkeit einnehmen.
Anwendung: (leichte) Höhenkrankheit. In Ausnahmefällen, auch zur Prophylaxe (und in sehr geringer Dosierung ggf. zur Linderung von Akklimatisationsbeschwerden).
Nebenwirkungen: Kribbeln, Leistungsabfall, gastrointestinale Beschwerden, vermehrte Harnproduktion.
Dosierung: Bei eindeutiger Höhenkrankheit ggf. 2 Tabletten pro Tag mit reichlich Flüssigkeit einnehmen. Prophylaxe: 1 - 2 mal eine 1/4 bis 1/2 Tablette pro Tag (unbedingt Beratung durch Höhenmediziner!)
Anwendung: Zur oralen Elektrolyt- und Flüssigkeitszufuhr (Ausgleich von Salz- und Wasserverlusten) bei starken Durchfallerkrankungen.
Nebenwirkungen: Nebenwirkungen sind bisher nicht beobachtet worden.
Dosierung: Je nach Bedarf mehrmals täglich den Inhalt eines Beutels mit 200 ml Flüssigkeit (nach Auflösen in abgekochtem, abgekühltem Wasser oder Tee) einnehmen.
Anwendung: Höhenhirnödem. Ansonsten obstruktive Atemwegserkrankungen (Einengung der Atemwege, verbunden mit Atemnot) wie Asthma bronchiale, chronische Bronchitis, chronisches Lungenödem.
Nebenwirkungen: Schwindel, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, selten Überempfindlichkeitsreaktionen.
Dosierung: Bei Höhenhirnödem zunächst 2 Tabletten (8 mg), dann 4 mg alle 6 Stunden einnehmen.
Anwendung: Einschlafmittel nur zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen.
Nebenwirkungen: Schläfrigkeit tagsüber, gedämpfte Emotionen, gehobene Stimmung, reduzierte Wachsamkeit, Verwirrtheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, vermehrtes Schwitzen, Mundtrockenheit.
Dosierung: 1/2 - 1 Tablette unmittelbar vor dem Zubettgehen mit Flüssigkeit einnehmen.
Anwendung: Akute Gelenkentzündungen einschließlich Gichtanfälle, Erkrankungen von Sehnen, Schleimbeutel, Gelenkkapseln, Bändern, Muskeln, Schwellungen oder Entzündungen nach Verletzungen oder Operationen. Schmerzen, z.B. Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen. Besonders gut auch bei Höhenkopfschmerzen.
Nebenwirkungen: Magen- Darmbeschwerden, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Erregung, Reizbarkeit oder Müdigkeit.
Dosierung: Erwachsene und Jugendliche ab 15 Jahren 1 - 4 x täglich 1 Filmtabletten. Die Filmtabletten unzerkaut mit ausreichender Flüssigkeit während oder nach den Mahlzeiten einnehmen.
Anwendung: Zur symptomatischen Behandlung von Durchfällen, d.h. "stopfende" Wirkung, nur bei Bus- oder Flug-Reisen!
Nebenwirkungen: Gelegentliche Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Bauchkrämpfe, Übelkeit, Mundtrockenheit und Hautausschlag.
Dosierung: Bei akuten Durchfällen zu Beginn der Behandlung 2 Filmtabletten und danach nach jedem ungeformten Stuhl jeweils 1 Tablette. Eine Dosis von 6 Filmtabletten täglich soll nicht überschritten werden. Bei chronischen Durchfällen 2 Tabletten täglich. Tabletten unzerkaut mit Flüssigkeit einnehmen.
Anwendung: Übelkeit, Erbrechen oder Brechreiz, Magenstörung.
Nebenwirkungen: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Angst, Ruhelosigkeit.
Dosierung: 3 x täglich 1 Tablette. Tabletten mit reichlich Flüssigkeit einnehmen.
Anwendung: Bei Erfrierungen zur besseren Durchblutung (eventuell Prophylaxe von Erfrierungen).
Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Schwindel, gastrointestinale Störungen.
Dosierung: 3 x täglich 1 Dragee. Dragees unzerkaut nach dem Essen einnehmen.
Wirkstoff Tramadol, Ampulle 100 mg, in Modul 4, Rp!)
Anwendung: Mäßig starke bis starke Schmerzen.
Nebenwirkungen: Übelkeit, Schwindel, gelegentlich Erbrechen, Verstopfung, Schwitzen, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Benommenheit.
Dosierung: Bei starken Schmerzen erhalten Erwachsene 1 ml Tramadol 100 mg als Injektion. Spritze intramuskulär oder subkutan injizieren.
Anwendung: Mittelstarke Schmerzen verschiedener Art.
Nebenwirkungen: Müdigkeit, leichte Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen.
Dosierung: 1 - max. 8 Tabletten pro Tag mit ausreichend Flüssigkeit einnehmen.
Hier geht es nicht so sehr um Gewicht und Volumen, sondern mehr um Vollständigkeit und Übersichtlichkeit für längere Hüttenaufenthalte oder Wohnmobilreisen sowie ausreichenden Vorrat für einen größeren Haushalt. Dabei wurden möglichst bewährte und preisgünstige Medikamente ausgewählt und die ungefähren Kosten mit aufgeführt.
Bitte Medikamente möglichst nur bei eigener Erfahrung und in Notfällen verabreichen, ansonsten Beipackzettel und Mindesthaltbarkeitsdatum beachten. Dieses kann notfalls auch etwas überschritten werden, besser rechtzeitig austauschen!
Verbandsmaterial:
Medikamente (nicht verschreibungspflichtig) und Sonstiges:
Evtl. Ergänzungen: stärkere (verschreibungspflichtige) Medikamente:
Erste Hilfe und Gesundheit am Berg und auf Reisen
Alpine Lehrschrift von Dr. Walter Treibel
Bergverlag Rother München, 2. Auflage 2011