Höhenmedizin für Laien

Medizinische Aspekte bei Trekking und Expeditionen

Gliederung:

Einführung und Theorie:
- Einleitung und Geschichte der Höhenmedizin
- Höhenzonen mit Charakteristika
- Auswirkungen der Höhe
- Risiko beim Höhenbergsteigen

Praktische Ratschläge:
- Vorbereitungen zu Hause
- Flüssigkeitsbedarf in der Höhe
- Ernährung und Verdauungsprobleme
- Sonnen- und Kälteschäden
- Erschöpfung in der Höhe
- Praktische Tipps für die Akklimatisation

Höhen - Erkrankungen:
- Probleme bei der Höhenanpassung
- Akute Höhenkrankheit
- Höhenlungenödem
- Höhenhirnödem
- Medikamente zur Vorbeugung

Sonstiges:
- Praktische Tipps und Goldene Regeln
- Literatur- und Internet-Empfehlungen

 

Einführung

Trekkingtouren und Expeditionen in außereuropäische Gebirge werden heute in einem sehr großen Umfang durchgeführt. Eine anspruchsvolle Trekkingtour oder gar ein Achttausender lassen sich aber trotz aller Fortschritte in Ausrüstung und Knowhow nicht von der Stange kaufen. Das haben besonders die jüngsten Tragödien am Mount Everest gezeigt, die diesen Problembereich auch in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt haben. Aus all diesen Gründen ist das medizinische Wissen um die Anpassung an größere Höhen und die Behandlung von Höhenerkrankungen so wichtig. Auch "Pauschaltouristen" von kommerziellen Unternehmungen sollten sich unbedingt mit den ganzen Problemen der Höhe selbst auseinandersetzen. Schließlich geht es um die eigene Gesundheit, zumal nicht immer ein höhenmedizinisch erfahrener Arzt oder Bergführer auf den Touren dabei ist. Hierzu ein griffiges Beispiel aus dem Alltag - auch Fußgänger müssen die Verkehrsregeln kennen, um sich nicht selbst zu schaden.
 

Einleitung und Geschichte der Höhenmedizin

Höhenprobleme waren schon immer ein Kernpunkt der Bergmedizin. Höhenmedizinische Forschungen im Alpenraum werden seit mehr als 100 Jahren in hochgelegenen Hütten durchgeführt (Vallot-Hütte im Mont Blanc-Gebiet 1887, Capanna Margherita im Monte Rosa-Gebiet 1893, Jungfraujoch 1912). Heutzutage sind die Möglichkeiten bei weitem vielfältiger als früher. Im Everestgebiet gibt es z.B. auf 5000 m Höhe eine modern eingerichtete Forschungsstation, in Bolivien stand auf dem Gipfel eines Sechstausenders drei Wochen lang ein komplettes Forschungslabor und mit Hilfe von großen Unterdruckkammern wurde bereits zweimal der komplette Aufstieg auf den Mount Everest mit Freiwilligen über einen Zeitraum von etwa sechs Wochen simuliert und analysiert.

Trotz dieser vielen Untersuchungen sind noch lange nicht alle Einzelheiten der Höhenerkrankungen erforscht. Es gibt zwar immer mehr Mosaiksteinchen, aber noch kein fertiges Bild, und manche Studien widersprechen sich sogar, was auf unterschiedliche Studiendesigns, Testpersonen oder Zeitfaktoren zurückzuführen ist. Die heutigen Bergmedizin-Kongresse zeigen aber auch den erreichten hohen Stand bei der höhenmedizinischen Grundlagenforschung, wie etwa spezielle Hormonbestimmungen. Im folgenden wird jedoch ein kurzgefaßter Überblick für Laien gegeben, die sich über angewandte Höhenmedizin informieren möchten.

 

Höhenzonen und ihre Charakteristika

Alle wesentlichen Aspekte der Höhenmedizin beruhen auf der Tatsache, daß mit steigender Höhe der Luftdruck kontinuierlich abnimmt. Auf Meereshöhe herrscht durch das Eigengewicht der Luft der größte Druck (im Mittel 1013 Millibar oder veraltet 760 mm Quecksilbersäule). Auf etwa 5500 m Höhe erreicht der Luftdruck nur die Hälfte und in Höhe des Mt. Everest nur noch etwa ein Drittel des Normaldrucks in Meereshöhe.

Der Sauerstoffanteil in der Luft bleibt bis etwa 15 km Höhe konstant bei ca. 21%, allerdings kommt es natürlich auch hier zu einer parallelen Abnahme des Sauerstoff(teilchen)drucks und dadurch letztendlich zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe, der die eigentliche Ursache der vielfältigen Probleme in der Höhe ist. Entscheidend für die Reaktionen des Organismus auf diese Veränderungen sind die unterschiedlichen Höhenbereiche, die in der Abbildung aufgeführt sind.

Unterhalb 1500 m gibt es normalerweise keinerlei Gesundheitsbeeinträchtigungen, darüber können jedoch bei bestimmten Erkrankungen die ersten Probleme auftreten. Eine mittlere Höhe von 2000 - 2500 m ist auch der Bereich, in dem Ausdauersportler ihr Höhentraining absolvieren. Zwischen 3000 m und etwa 5500 m - also im Hauptbereich von Trekkingtouren - kann sich ein gesunder Mensch nach einer entsprechenden Adaptationszeit vollständig den Verhältnissen anpassen und nahezu normal leistungsfähig sein.

Oberhalb von 5500 m ist eine vollständige Anpassung an die Höhe bzw. den Sauerstoffmangel nicht mehr möglich, stattdessen kommt es zu einem kontinuierlichen Abbau der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit. Diese Höhenmarke ist deshalb auch die oberste Grenze einer menschlichen Dauerbesiedelung und gleichzeitig die höchste noch sinnvolle Basislagerhöhe für Expeditionsbergsteiger.
 

Auswirkungen der Höhe auf den Organismus

Der Sauerstoffmangel macht sich ab etwa 3000 m bemerkbar und ruft vielfältige und z.T. sehr komplexe Reaktionen des Körpers hervor. Die normale Anpassung an größere Höhen erfolgt anfangs vor allem durch stark erhöhte und vertiefte Atmung, so daß mehr Sauerstoff aufgenommen werden kann. Eine vergrößerte Pumpleistung des Herzens (Erhöhung von Puls und Schlagvolumen trägt zu einem geringeren Teil dazu bei. Der Anstieg der roten Blutkörperchen mit Erhöhung der Sauerstofftransportfähigkeit erfolgt später nach einigen Tagen. Wichtig sind zusätzlich noch eine verbesserte Sauerstoffausschöpfung in den Zellen und weitere komplizierte Regulationsvorgänge. Die Herzfunktion selbst wird durch die Höhe nicht negativ beeinflußt und ein Tod durch Herzinfarkt in größerer Höhe scheint sehr selten zu sein.

Durch die reaktive Vermehrung der roten Blutkörperchen in der Höhe und durch die vermehrten Flüssigkeitsverluste bei der verstärkten Atmung kann es zu einer Eindickung und Verlangsamung des Blutes und daher zu Lebensgefahr durch Bildung von Blutgerinnseln kommen, wenn nicht genügend Flüssigkeitsmengen zugeführt werden. Diese Bluteindickung bewirkt auch eine Mehrbelastung für Herz und Kreislauf sowie eine schlechtere Durchblutung der Extremitäten mit erhöhter Erfrierungsgefahr.
 

Risiko und gesundheitlicher Verlauf beim Höhenbergsteigen

Jeder, der sich schon einmal in größeren Höhen aufgehalten hat, wird ihre unsichtbaren Auswirkungen oder Gefahren selbst oder bei einem anderen miterlebt haben, z.B. Leistungsverluste, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, eventuell sogar allgemeines Krankheitsgefühl bis hin zu den schweren und z.T. lebensgefgährlichen Höhenerkrankungen.

Beim Trekking beträgt der Anteil an gesundheitlichen Zwischenfällen etwa 0,1 %. Die Todesfallrate ist mit 0,015 % relativ gering (15 Fälle auf 100 000 Personen), wobei tödliche Unfälle viermal häufiger vorkommen als Höhenkomplikationen. Das Risiko auf Expeditionen ist deutlich höher: ein Viertel der Teilnehmer erleiden Gesundheitsstörungen. Die Todesrate beträgt etwa 2-3 % und ist damit zweihundertmal größer als beim Trekking. Verantwortlich dafür sind v.a. Unfälle wie Lawinenverschüttung, Absturz, Spaltensturz oder Unterkühlung, die zusammen neunmal häufiger auftreten als reine Höhenerkrankungen wie Lungen- oder Hirnödem. Der höhenbedingte Sauerstoffmangel ist jedoch sicher zu einem großen Teil indirekt an den genannten Unfällen schuld, da er die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit je nach Höhe und Akklimatisationszustand deutlich beeinträchtigen kann, z.B. durch verminderte Beurteilungs- und Reaktionsfähigkeit in Gefahrensituationen. Die Sauerstoffversorgung des Gehirns kann in extremer Höhe durch ungenügende Anpassung deutlich eingeschränkt sein, weshalb es oft zu folgenschwerem Fehlverhalten des Betroffenen kommt.

Wichtig ist auch, daß man bei Trekkingtouren und Expeditionen ein typischer gesundheitlicher Verlauf beobachtet werden kann: Wenn Probleme auftreten, dann sind es zuerst meist Magen-Darm-Beschwerden durch die Kost- und Klima-Umstellung in fremden Ländern. Nach anfänglichen Akklimatisationsproblemen in der Höhe folgen während der Tour oft Erkältungskrankheiten und zuletzt meist ein unangenehmer Reizhusten durch die verstärkte Atmung in der kalten, trockenen Höhenluft. Oft zeigt sich am Ende einer längeren Unternehmung, daß durch Anstrengungen und Höhe sowie wahrscheinlich auch durch (zu) einseitige Verpflegung die Abwehrkräfte allgemein abnehmen. Neben Wundheilungsstörungen kann es daher nach banalen Hautverletzungen auch leichter zu Infektionen oder Abszessen kommen. Ansonsten ist auch das allgemeine Krankheitsrisiko erhöht mit Problemen wie Bronchitis, Lungenentzündungen, Hämorrhoidenbeschwerden sowie Bakterien- oder Parasiteninfektionen.

 

Vorbereitungen zu Hause

Ältere und völlig Untrainierte sollten für Trekkingtouren vorsorglich ihren Gesundheitszustand ärztlich überprüfen lassen, in speziellen Fällen mit Hilfe eines Belastungs-EKG's. Es existieren noch keine allgemein gesicherten und verfügbaren Untersuchungsmethoden, um die individuell sehr unterschiedliche Reaktion auf große Höhen feststellen zu können. So lassen nur frühere schwere höhenbedingte Störungen oder Lungenödeme Hinweise auf die Höhentauglichkeit zu, sofern diese nicht auf ein selbstverschuldetes Fehlverhalten durch zu schnellen Aufstieg zurückzuführen waren.

Auch gibt es kein spezielles vorbereitendes Höhentraining. Trotzdem ist natürlich ein guter Ausdauertrainingszustand wichtig, zumal die Leistungsfähigkeit auch nach erfolgter Akklimatisation pro 1500 Höhenmeter um etwa 10 % sinkt. Empfehlenswert sind auf alle Fälle längerfristige Ausdauerbelastungen, z.B. Joggen, Radfahren oder Skilanglauf sowie Bergläufe, die kurzfristig einen umfassenden Sauerstoffmangel im Organismus hervorrufen. Dadurch soll es neben einer Konditionssteigerung auch zu einer Verbesserung der Sauerstoffübertragungssysteme kommen. Kurz vor der Abreise sollte jedoch kein sehr intensives oder verletzungsanfälliges Training mehr absolviert werden.

Vor der Reise sind v.a. bei Durchreise oder Aufenthalt in (sub-) tropischen Gebieten Erkundigungen bei spezialisierten Ärzten oder Tropeninstituten empfehlenswert: z.B. über Impfungen gegen Typhus, Cholera oder eine Malariaprophylaxe. In jedem Fall sollten Schutzimpfungen gegen Wundstarrkrampf (Tetanus), Diphterie und Kinderlähmung (Polio) vorhanden sein - liegen diese länger als 10 Jahre zurück, ist eine Auffrischimpfung beim Hausarzt notwendig.

Zusätzlich empfiehlt sich eine Hepatitis A – Impfung und für Bergsteiger, die viel reisen, am besten gleich in Kombination mit einem Hepatitis B - Impfstoff. Der Schutz hält in beiden Fällen ebenfalls ca. 10 Jahre an.

Natürlich müssen auch regelmäßig benötigte Medikamente in genügender Menge mitgenommen werden! Genau so wichtig ist es, rechtzeitig den Zahnarzt aufzusuchen, um seine Zähne kontrollieren und gegebenenfalls behandeln zu lassen. Zahnprobleme gibt es in größeren Höhen durch die Temperatur- und v.a. Luftdruckunterschiede immer wieder, z.B. durch das Herausbrechen von Füllungen und Inlets oder durch akute Entzündungen.

Frauen, die die Antibaby-Pille nehmen, haben bei Trekkingtouren keine vergrößerte Thrombosegefahr und brauchen deshalb die Tabletteneinnahme nicht zu unterbrechen - bei Expeditionen in größere Höhen dürfte jedoch das Risiko ansteigen. Bei entsprechender Vorbereitung und Vorsicht können auch Kinder ab etwa zehn Jahren ohne größere Probleme oder Risiken auf Trekkingtouren mitgenommen werden.
 

Flüssigkeitsbedarf in der Höhe

Der Wasserhaushalt spielt beim Höhenbergsteigen wie auch beim Trekking eine ganz entscheidende Rolle. Der tägliche Wasserbedarf des Menschen beträgt normalerweise 2,5 Liter, in sehr großer Höhe kann dieser Wert jedoch auf fünf bis acht Liter ansteigen! Dies kommt durch vermehrtes Schwitzen und vor allem durch die stark gesteigerte Atemtätigkeit zustande. Beim notwendigen Befeuchten der meist sehr kalten und trockenen Atemluft in großer Höhe verliert der Körper viel Flüssigkeit durch den in der Lunge gebildeten und bei der Ausatmung verlorengehenden Wasserdampf. Die Urinmenge als einfachste Kontrolle der Flüssigkeitszufuhr sollte mindestens 1 Liter pro Tag betragen. Normal sind 1,5 Liter Ausscheidung und mehr, während 0,5 Liter schon ein Alarmzeichen bedeuten. Umgekehrt gilt ein vermehrtes Wasserlassen (meist auch während der Nacht) als Hinweis für eine gute Höhenanpassung. Die tägliche Urinmenge läßt sich z.B. durch Sekundenzählen abschätzen oder am einfachsten durch Zählen des Wasserlassens pro Tag. Wenn die Urinproduktion in der Phase der Höhenanpassung hoch ist, werden sich voraussichtlich keine akuten Höhenkrankheiten entwickeln.

Zu geringe Mengen von meist dunkelgelbem, d.h. zu konzentriertem Urin weisen auf zu wenig Trinken und gefährliche Austrocknung des Körpers hin. Die Wasseraufnahme wird gerade in der Höhe nicht vollständig durch das Durstgefühl geregelt. Deshalb muß unbedingt genügend (auch über den Durst!) getrunken und gleichzeitig der Mineralsalzverlust ausgeglichen werden! Bereits sehr geringe Verluste an Körperflüssigkeit bewirken nämlich deutliche Leistungseinbußen und erhöhen die Thrombose- und Erfrierungsgefahr. Dies ist eine der wichtigsten Regeln beim Trekking oder Expeditionsbergsteigen!
 

Ernährung und Verdauungsprobleme

Verdauungsprobleme und Durchfälle in fremden Ländern werden meist durch Kostumstellung hervorgerufen, weniger durch Infektionen. Da sie den Genuß und die Leistungsfähigkeit beim Reisen und Höhenbergsteigen entscheidend und nachhaltig herabsetzen können, sind prophylaktische Maßnahmen umso wichtiger. Zur Vorbeugung gehören: Routinemäßige Wasserdesinfektion, kein ungeschältes Obst, rohes Gemüse bzw. keine Salate essen oder ungekochte Milch trinken sowie Vorsicht vor fetten Speisen, da oft altes Fett verwendet wird. Eventuell kann man Enzym- und Entblähungstabletten einnehmen. Man sollte aber insgesamt lieber weniger essen. Als erste Behandlungsmaßnahme bei Durchfällen empfiehlt sich eine strikte Nahrungspause bis zur Beschwerdefreiheit, wobei jedoch ein (erhöhter) Ersatz von Flüssigkeits- und Mineralsalzen notwendig ist, z.B. mit schwarzem Tee oder Elektrolytgetränken. Falls dies nicht ausreicht, sollte man unterwegs relativ bald entsprechende Medikamente (Antibiotika) einnehmen, um einen starken und sehr konditionsvermindernden Durchfall zu stoppen.

Der Proviant sollte am Berg möglichst kohlenhydratreich sein (z.B. Brot, Müsli, Reis, Mehlprodukte, Obst und Zucker), außerdem schmackhaft, abwechslungsreich, nicht zu stark gewürzt und leicht verdaulich. Fette erzeugen zwar die doppelte Energie, hätten daher den besten Wirkungsgrad, benötigen aber mehr Sauerstoff zur Verbrennung. Fette sind daher in größerer Höhe unökonomischer sowie schwer verdaulich und deshalb beim Höhenbergsteigen weniger empfehlenswert als Kohlenhydrate.

Da man am Berg mit vollen Energiedepots leistungsfähiger wird und die Glykogenverbrennung für die körperliche Leistung in der Höhe am ökonomischsten ist, hat eine erhöhte Kohlenhydratzufuhr (60-80 % der Gesamtkalorienmenge) einen vorbereitenden positiven Effekt vor längeren Belastungen. Bei hohen Ausdauerleistungen über mehrere Tage müssen Kohlenhydrate auch in der Ruhezeit vermehrt zugeführt werden, da sonst diese Energiereserven nicht mehr ergänzt werden können. Das gleiche gilt auch zur Vorbeugung der höhenbedingten Gewichtsabnahme beim Expeditionsbergsteigen, zumal oft ein "Vergessen" von Essen und Trinken durch große Anspannungen hinzukommt.

Multivitamintabletten sind bei stark erhöhter körperlicher Aktivität und verminderter Frischverpflegung, z.B. bei überwiegender Konserven- und Trockennahrung oder während langer Expeditionen, sinnvoll. Vitamin C (Ascorbinsäure) steigert die Widerstandskraft gegen Infektionen und soll ebenso wie Vitamin E einen positiven Effekt in der Höhe haben.
 

Sonnen- und Kälteschäden in der Höhe

Extrem hohe Temperaturen von z.T. weit über 30 Grad Celsius durch intensive Sonneneinstrahlung können eine enorme Kreislaufbelastung für Trekker, aber auch für Expeditionsbergsteiger in den Hochlagern sein. Als Kontrast dazu kühlt es in der Nacht oft auf Minusgrade ab, so daß die tägliche Temperaturdifferenz über 40 Grad betragen kann. Daher sollte ein Trekker oder Höhenbergsteiger idealerweise nicht nur die Höhe gut vertragen, sondern möglichst auch hitze- und kälteresistent sein. Obwohl diese Eigenschaften z.T. genetisch und nur wenig trainierbar sind, kann man sich durch kluges und taktisches Verhalten vor gesundheitlichen Nachteilen schützen. Hierzu gehören z.B. genügend rasten und trinken, Aufstiege in den kühleren Tageszeiten (frühmorgens), gute Kopfbedeckung als Schutz vor einem Sonnenstich, weite und luftige Kleidung als Prophylaxe gegen Hitzeerschöpfung oder Hitzschlag.

Augenentzündungen durch starke UV-Strahlen können Schmerzen und Fremdkörpergefühl (Sand) hervorrufen und bis zur Schneeblindheit führen. Das Tragen zweckmäßiger Sonnen- oder Gletscherbrillen sollte deshalb selbstverständlich sein. Ebenso wichtig ist eine Sonnencreme mit hohem Schutzfaktor für die unbedeckte Haut, v.a. im Gesicht. Besonders empfindlich sind bekanntlich die Lippen. Vielfach kommt es neben Sonnenbrand und/oder Austrocknen mit schmerzhaften Rissen oder Krusten auch zu einer unangenehmen Herpes-Infektion, die mit speziellen Salben behandelt werden muß.

In der Höhe spielen aber auch Kälteschäden eine große Rolle. Zum einen sinken die Temperaturen immer weiter ab, zum anderen kommen Wind, Nässe, Sauerstoff- und Wassermangel sowie Erschöpfung oder Bewegungsarmut hinzu. Durch die verstärkte Bildung von roten Blutkörperchen und meist noch mehr durch zu wenig Trinken kommt es in der Regel zu einem Eindicken des Blutes und einer Verlangsamung des Blutflusses. Das steigert die Gefahr von Erfrierungen, die allerdings hauptsächlich die Expeditionsbergsteiger und weniger die Trekker betrifft. Durch langdauernde oder sehr große Kälte, z.B. in Verbindung mit zu engen Schuhen oder dem Verlust von Handschuhen, kann es zu einem Einfrieren von Zehen und Fingern kommen - aber auch ungeschützte Ohren und Nasen sind wegen großer Oberfläche und schlechter Durchblutung gefährdet.

Eine allgemeine Unterkühlung mit Absinken der gesamten Körpertemperatur kann bei ungenügender oder nasser Kleidung, fehlendem Energienachschub oder Erschöpfung auftreten. Meist aber trifft es Bergsteiger, die ungeplant eine Nacht im Freien biwakieren müssen. Diese muß vorrangig behandelt werden, da sie gefährlicher ist als lokale Erfrierungen.

Bei allen Arten von Kälteschäden sind zu empfehlen: ein Kälteschutz durch Alufolie, zusätzliche Bekleidung und Ähnliches, um eine Isolation gegen Bodenkälte und Windeinfluß zu erreichen, sowie allgemeine Wärmezufuhr durch heiße, gezuckerte Getränke.

Da Unterkühlungen und Erfrierungen eigentlich ein eigenes, ausführliches Kapitel für sich sind, werden hier nur praktische Hinweise zur Vorbeugung von Kälteschäden gegeben.

Nasse Wäsche sollte unbedingt rechtzeitig gewechselt werden. Oft genügt es, trockene (Sport-) Unterwäsche anzuziehen, die darüberliegende feuchten Schichten können durch warme Überkleidung wieder am Körper trocknen. Selbst bei Tagestouren lohnt sich dieses Prinzip für ein besseres Wohlbefinden. Ist die Kleidung sehr feucht bzw. naß, zieht man sie am besten außen an, z.B. Hemd über Faserpelz, da sie dort trocknet und noch etwas wärmen kann. Feuchte Wäsche wie auch Innenschuhe können auch über Nacht im Schlafsack getrocknet werden, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Gerade bei Expeditionen ist es ein alter Trick, vor dem Gipfelsturm die Füße zu waschen und frische Socken anzuziehen, da so eine bessere Wärmeisolation bzw. geringere Erfrierungsgefahr besteht.

Um eine Unterkühlung zu verhindern, sollte man eine möglichst windstille Situation herstellen, z.B. durch entsprechend dichte Kleidung, Biwaksack oder das Graben einer Schneehöhle. Zur Vorbeugung von Kälteschäden dient auch das Vermeiden oder Behandeln von Erschöpfung bzw. genügend Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr. Warme Getränke aus der Thermosflasche oder vom mitgenommenem (Mini-) Kocher können die Ausdauer und Moral entscheidend verbessern.

Wie oft beim Bergsteigen oder auch in der Medizin ist das Vorbeugen die sicherste und oft einzige Möglichkeit, größere Schäden zu vermeiden. Denn gerade bei Kälteschäden sind in den seltensten Fällen die Naturgewalten, sondern fast immer die jeweiligen Bergsteiger durch ihre eigenen Fehler schuld.
 

Erschöpfung in der Höhe

Körperliche Ermüdung bzw. Überanstrengung können natürlich in jeder Höhe, v.a. bei Trainings- oder Konditionsmangel auftreten. In der Höhe ist jedoch das Risiko von Erschöpfungszuständen durch das erniedrigte Sauerstoffangebot um einiges höher, zumal oft noch zu geringe Trinkmengen, Hunger, Kälte, Nässe usw. hinzukommen.

Bei zunehmender Erschöpfung können zunächst noch erfolgreich Streß- und Notsituationen bekämpft werden, dann jedoch kann es zum allmählichen Versagen der Anpassungsvorgänge mit Aufbrauch der Energievorräte kommen - im Extremfall bis hin zum Erschöpfungstod. Bei Todesfällen von Expeditionsbergsteigern in großer Höhe handelt es sich meistens um eine Kombination von Höhenerkrankungen mit Erschöpfung, Unterkühlung und zusätzlichen Erfrierungen. Da eine Erschöpfung auch eine Höhenkrankheit und Unterkühlung begünstigen oder verschleiern kann, müssen die Anzeichen unbedingt rechtzeitig erkannt und richtig behandelt werden.

Die folgenden Symptome sind etwa ihrem Schweregrad entsprechend aufgeführt:

  • zunehmende Leistungsschwäche mit Müdigkeit, v.a. in den Beinen,
  • verlangsamte und unregelmäßige Gangart,
  • vermehrtes Bedürfnis nach Rast (auch "Kunstpausen"),
  • dauernde Erhöhung von Puls und Atmung mit Herzklopfen und Atemnot,
  • bzw. nur langsames Zurückgehen auf normale Werte bei Rast,
  • Seitenstechen, evtl. Übelkeit und Brechreiz,
  • psychisch zunehmende Unruhe, Reizbarkeit, Unsicherheit, Angstzustände,
  • Antriebsschwäche, Neigung zu Depressionen, Stimmungsschwankungen,
  • Verlangsamung von Wahrnehmungen, Denken und Entscheidungen,
  • später Gleichgültigkeit bis hin zur Apathie,
  • Konzentrationsschwächen mit Fehlreaktionen,
  • Koordinationsstörungen mit Stolpern oder Stürzen.

Erste Hilfe-Maßnahmen bei Erschöpfung sind vor allem:

  • Rast an einem windgeschützten, sicheren Ort,
  • falls nötig zusätzlicher Kälteschutz (Biwaksack, Kleidung),
  • heiße, gesüßte Getränke (z.B. Tee aus Thermosflasche),
  • schnelle Energiezufuhr, z.B. durch Schokolade oder Müsliriegel,
  • unbedingt psychische Betreuung des Erschöpften (gut zureden!),
  • bei niedrigem Blutdruck evtl. kreislaufanregende Medikamente,
  • Erschöpften möglichst nie alleine zurücklassen,
  • nach ausreichender Erholung Abstieg bzw. Rückzug, besser nicht weiter aufsteigen.
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Praktische Tipps für die Akklimatisation

Die Umstellung durch eine größere Ost-West-Zeitverschiebung dauert ca. eine Woche und sollte bei der Zeitplanung berücksichtigt werden, denn während dieser Zeit ist die Leistungsfähigkeit herabgesetzt. Allgemein gilt: keine Gewaltakte zu Beginn, besonders dann, wenn größere Ausgangshöhen passiv durch Fahrt oder Flug erreicht werden. Die Höhenanpassung (= Adaptation) selbst muß langsam und in Stufen erfolgen: Aus Sicherheitsgründen sollten beim anfänglichen Aufstieg über 3000 m die jeweiligen Übernachtungsplätze (= Schlafhöhen) durchschnittlich nicht mehr als 400 m bis maximal 500 m pro Tag gesteigert werden und möglichst unter der maximalen Tageshöhe liegen (Schlagwort: "Go high, sleep low", d.h. gehe hoch, aber schlafe niedriger!). Das bedeutet etwa eine Woche Adaptationzeit bis zum ersten Lager über 4500 m und eine weitere Woche bis über 6000 m. Während der Adaptationsphase sollten maximale Belastungen vermieden werden, weil die Anpassung dadurch gestört werden kann.

Nach 8 - 10 Tagen Anmarsch oder Trekking mit mittelschwerem Gepäck und Auf- und Abstiegen sollte die Akklimatisation ausreichend sein für Paßübergänge bis 5500m oder zum Schlafen im Basislager. Das Basislager wird in der Regel zwischen 4500 und maximal 5500 m aufgebaut. Die Hochlager sollten zumindest anfänglich nicht zu weit auseinander liegen, und ein Übernachten dort ist erst nach dem zweiten oder dritten Vorstoß sinnvoll. Zwischen den Hochlageraufenthalten sind normalerweise immer wieder Ruhetage im Basislager nötig.

Eine einfache und sehr wertvolle Orientierung der Höhenanpassung gibt der Ruhepuls. Der Ausgangswert wird zu Hause am Morgen (vor dem Aufstehen!) gemessen (normal ca. 60 Schläge/Minute). Unterwegs erfolgt zumindest in der Anfangsphase oder bei erneutem Höhengewinn täglich eine Kontrolle; auch sollten die gemessenen Werte aufgeschrieben werden. Eine gute Akklimatisation ist dann erreicht, wenn der morgendliche Puls in der Höhe nur wenig über dem zu Hause gemessenen Normalwert liegt. Ist dagegen der Ruhepuls mehr als 20 - 30 Schläge erhöht, sollte auf keinen Fall weiter aufgestiegen werden!

In einer neuen, ungewohnten Höhenlage steigt der Ruhepuls um ca. 20 - 30 %, d.h. bei einem angenommenen Ruhepuls von 60 auf 72 - 80 Schläge pro Minute. Nach einigen Tagen pendelt er sich als Ausdruck der erfolgreichen Adaptation an die Höhe wieder um den normalen Wert von zu Hause ein.

Trotz abgeschlossener Adaptationsreaktion (= volle Akklimatisation) kann der Ruhepuls gegenüber dem Wert zu Hause leicht erhöht bleiben (um ca. 10 %). Nach erfolgter Akklimatisation erreicht der Puls wieder die Normalwerte von zu Hause. Durch den Höhenreiz kann es als Anpassungsreaktion in Ausnahmefällen auch zu einer Erniedrigung des Ruhepulses um ca. 5 - 10 % kommen (Trainingseffekt).

Nach zwei bis drei Wochen Adaptationszeit sollte eine Gipfelbesteigung optimalerweise zwischen der dritten und der sechsten Woche erfolgen, da danach die physische und psychische Leistungsfähigkeit wieder sinkt. Der Erfolg - gemessen an der maximal erreichten Höhe - hängt hauptsächlich vom bergsteigerischen Können sowie von der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit ab. Trotzdem ist zusätzlich eine große Ausdauer wichtig und noch mehr eine entsprechende psychische Einstellung, die wahrscheinlich sogar die größte Rolle spielt. Hierzu gilt das Schlagwort: "Der wichtigste Muskel beim Höhenbergsteigen ist das Gehirn!"

 

Probleme bei der Höhenanpassung

Sie werden hervorgerufen durch die Doppelbelastung von körperlicher Tätigkeit mit mehr Sauerstoffbedarf und großer Höhe mit weniger Sauerstoffangebot. Höhenbeschwerden treten in der Adaptationsphase während der ersten Tage fast bei jedem Bergsteiger auf. Dazu zählen leichte Kopfschmerzen, Schlaf- und Appetitstörungen sowie Atemnot bei Belastungen, die jedoch alle normalerweise nach wenigen Tagen verschwinden. Die Dauer der Höhenadaptation ist individuell verschieden und abhängig von der Aufstiegsgeschwindigkeit, der absoluten Höhe, dem überwundenen Höhenunterschied und eventuellen Erkrankungen des Einzelnen wie Atemwegsinfekte oder Durchfallserkrankungen.

Die Probleme sind natürlich umso geringer, je länger die Akklimatisationszeit ist. Bei älteren Personen scheint sich auch ein guter Trainingszustand positiv auszuwirken. Ansonsten ist eine gute Kondition kein Schutz vor Höhenproblemen, sondern verleitet gerade Jüngere und Höhenunerfahrene dazu, zu schnell aufzusteigen. Migränepatienten leiden häufiger und stärker unter der akuten Höhenkrankheit. Zusammenhänge mit der Größe der Gruppe, dem Rucksackgewicht, Rauch- oder Ernährungsgewohnheiten oder der Einnahme der Antibaby-Pille bestehen nicht. Insbesonders Jüngere unter 20 Jahren (mit erhöhtem Druck im Lungenkreislauf) und Ältere über 50 Jahren (mit evtl. schon verminderter Regulationsfähigkeit) scheinen Höhenprobleme zu bekommen, während im Alter zwischen 30 und 50 Jahren die geringsten Schwierigkeiten auftreten. Besonders wichtig sind frühere höhenbedingte Störungen als Hinweis auf eine erneute Gefährdung. Als kritisch für Höhenanpassungsschwierigkeiten gelten vor allem Trekkingtouren bzw. ein gemeinsamer Anmarsch zum Basislager, da hier meist viele, unterschiedlich reagierende Personen sich an die gleiche Aufstiegsgeschwindigkeit halten müssen und gerade in Höhen zwischen 3000 - 6000 m die meisten Probleme auftreten.

In der Nacht kann es öfter zu unregelmäßiger Atmung kommen (sogenannte Cheyne - Stokesche Atmung) die an sich noch ungefährlich ist, aber den oder die Zeltpartner in gehörigen Schrecken versetzen kann. Der Betroffene atmet dabei mehr oder weniger periodisch, z.T. sehr tief mit großen Atemzügen, dann wieder ganz flach mit längeren Pausen. Panik ist in solchen Fällen nicht angebracht, man sollte den Betroffenen weiterschlafen lassen. Eine röchelnde, brodelnde Atmung ist dagegen ein Alarmzeichen für ein Lungenödem (siehe später!)

Weiterhin treten gelegentlich Weichteil-Ödeme, meist im Augen- oder Gesichtsbereich oder an Händen bzw. an den Knöcheln auf. Auch kann es über 5000 m zu kleinen Augenhintergrunds-Blutungen kommen. Falls keine weiteren Höhensymptome bestehen, bilden sich diese Veränderungen in allen drei Fällen normalerweise von alleine zurück. In Verbindung mit anderen Beschwerden können sie jedoch auch ein ernstzunehmender Warnhinweis für eine Höhenerkrankung sein.

 

Akute Höhenkrankheit (acute mountain sickness = AMS)

Die laborchemisch meßbaren Auswirkungen der akuten Höhenkrankheit ähneln sehr denjenigen, die auch bei Training bzw. Belastung in niedrigerer Höhe auftreten, wobei diese Parameter bei Höhenkranken schon vor den eigentlichen Symptomen feststellbar sind. Im wesentlichen handelt es sich dabei um eine Überlastung bzw. Dekompensation des Organismus auf den Sauerstoffmangel.

Die akute Höhenkrankheit kann bei Höhenungewohnten bereits ab 3000 m circa 4 - 24 Stunden nach Erreichen der kritischen Schwelle auftreten, z.B. bei zu schnellem Aufstieg mit einer Seilbahn. In den Alpen wirkt sich dies in der Regel nur selten dramatisch aus, da die Betroffenen wieder schnell ins Tal kommen, wo sich der Zustand meist schlagartig bessert. Aber auch sonst bessert sich die Höhenkrankheit oft spontan, wenn die Betroffenen wegen der Krankheitsfolgen bzw. des Leistungsverlustes freiwillig den Aufstieg unterbrechen oder noch besser absteigen. Beim Höhenlungenödem oder erst recht beim Höhenhirnödem funktioniert jedoch diese Selbstregulation meist nicht mehr, die Erkrankten verdrängen die Symptome oder sind nicht mehr in der Lage, adäquat zu reagieren. Auch deswegen sind diese beiden Formen sehr viel gefährlicher.

Vor der Höhenkrankheit ist niemand geschützt, auch Ausdauertraining zeigt hier keinen prophylaktischen Effekt. Selbst bekannte Achttausenderbergsteiger sind schon höhenkrank geworden, wenn sie sich nicht an die grundlegenden Regeln der Höhenadaptation gehalten haben. Interessanterweise können auch Hochlandbewohner, wie Tibeter, Sherpas oder Indios in den Anden höhenkrank werden, wenn sie sich einige Zeit im Tiefland aufhalten und (zu schnell) wieder in größere Höhen gelangen. Nur als Kuriosität sei noch erwähnt, daß sogar schon Haustiere, wie etwa Hunde, bei entsprechender Exposition höhenkrank geworden sind.

Etwa 50% aller Trekker haben oberhalb von 5000 m Höhe Symptome von Höhenkrankheit, wobei Alarmzeichen einzeln oder in Kombination auftreten können. Am häufigsten kommt es zu stärkeren Kopfschmerzen (in ca. 75% und damit Leitsymptom), die sich auch nach einer Schmerztablette (z.B. ASS) nicht unbedingt bessern. Es folgen erhöhter Puls auch in Ruhe (mehr als 20 Schläge über dem Normalwert), Kurzatmigkeit, Appetit- und Schlaflosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Konzentrations- und Koordinationsstörungen, ungewohnter Leistungsverlust, Selbstüberschätzung oder Reizbarkeit sowie Apathie und eventuell Bewußtseinstrübung. Die genannten Symptome können individuell sehr stark variieren.

Therapie: Eine Höhenkrankheit ist viel besser zu vermeiden als zu behandeln. Neben Rast und kohlenhydratreichen Getränken ist die wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme der Abstieg. Bereits wenige hundert Meter tiefer kann es zu einer deutlichen Besserung kommen. Bei starken Beschwerden ist unbedingt ein rascher Abstieg in tiefere Lagen notwendig, notfalls mit passivem Abtransport des Betroffenen.

In schweren Fällen können auch Sauerstoff und Medikamente als zusätzliche Maßnahmen zur Linderung und Überbrückung gegeben werden, wenn ein Abstieg aus Wetter- oder Geländegründen nicht sofort möglich ist. Es empfiehlt sich nach wie vor, Sauerstoff in Flaschen als medizinische Sicherheitsreserve bei Höhenerkrankungen auf Expeditionen, aber auch bei größeren Trekkingtouren mitzunehmen. Mittlerweile sind Überdruck-Kammern (Certec- bzw. Gamov-Bag) eine ausgereifte, kosten- und gewichtsgünstige Alternative geworden, zumindest wenn, wie beim Trekking üblich, die ganze Gruppe beisammenbleibt. Mit dem beim Aufpumpen erreichten Überdruck steht dem Organismus ein erhöhter Sauerstoff-Partialdruck zur Verfügung. Dies entspricht etwa einem Abstieg von 2000 Höhenmetern und ist damit sehr effektiv, zumal Erkrankte notfalls im Sack abtransportiert werden können. Normalerweise reicht jedoch eine intervallmäßige stundenweise Behandlung aus, wobei ein anstrengendes kontinuierliches Nachpumpen zur Frischluftversorgung durchgeführt werden muß. Für Notfälle sollten diese Maßnahmen ebenso wie eine Sauerstoffgabe bereits vor dem Höhenaufenthalt allen Gruppenteilnehmern in der Praxis durch eine entsprechende Übung bekannt sein.

Abschließend noch die wichtigsten Leitsätze zur Höhenkrankheit (nach O. Ölz):

1. Erkenne die Höhenkrankheit!

    Bei Unwohlsein immer von dieser ausgehen, bis das Gegenteil bewiesen ist!

2. Steige mit Symptomen niemals weiter auf!

3. Steige auf jeden Fall ab, wenn die Krankheitszeichen schlimmer werden!
 

Höhenlungenödem (high altitude pulmonal edema = HAPE)

Diese Erkrankung - derzeit im Mittelpunkt des Forschungsinteresses - entsteht durch erhöhten Lungenarteriendruck bei ungleichen Gefäßverengungen in der Lunge sowie (mechanischen) Störungen der Kapillarmembranen. Extrem hoher Streß führt zu einem "Leck", wenn die Eigenspannung der Membrananteile die auftretenden Kräfte nicht mehr kompensieren kann. Die Kapillarmembran als Schlüsselpunkt des Lungenödems zeigt gerade beim Höhenbergsteiger das grundlegende biologische Dilemma auf: Einerseits soll sie sehr dünn sein, um eine gute Diffusion zu ermöglichen, andererseits soll sie extrem stark sein, was sich jedoch nur schwer gleichzeitig erreichen läßt. Der Pulmonalarteriendruck steigt bei Gesunden physiologischerweise in der Nacht und bei Belastungen an, während er bei Personen, die bereits ein Lungenödem hatten und besonders gefährdet sind, schon in Meereshöhe zu hohe Werte zeigt, d.h. die Lunge ist "steifer". Es muß aber noch andere Auslösefaktoren geben, wie z.B. infektiöse Ursachen und/oder Belastungen. Leider gibt es bis heute in Normalhöhe keine eindeutigen und praktikablen Methoden, um Höhenerkrankungen vorhersagen zu können.

Das Lungenödem weist eine Häufigkeit von 1 - 3 % in den kritischen Höhen über 4000 m auf und ist am Anfang nur schwer erkennbar, weshalb die Symptome leicht unterschätzt werden. Zu einer Verschlechterung kommt es vor allem am zweiten Tag bzw. in der zweiten Nacht nach Erreichen einer neuen Höhe. Diese sehr gefährliche Erkrankung kann sich rapide verschlechtern - oft dauert es nur 24 Stunden bis zur vollen Ausprägung des Krankheitsbildes. Deshalb ist die Vorbeugung so wichtig und auf alle Fälle weit effektiver als eine Notfallbehandlung, zumal es in 25 % zu Todesfällen kommt.

Symptome: Als wichtigstes Leitsymptom gilt der plötzliche körperliche Leistungsverlust. Zu den häufigsten Warnzeichen zählen neben Atemnot auch Husten und Erschöpfung sowie blaue Lippen, während brodelnde Atmung und rasselnder Husten mit blutig-schaumigem Auswurf meist erst spät auftreten. Oft entwickelt sich auch ein begleitendes Fieber. Risikofaktoren sind ungenügende Akklimatisation bei zu schnellem Aufstieg und Bluteindickung durch zu geringe Trinkmengen. Vor dem Lungenödem beobachtet man oft Durchfall und/oder Erbrechen mit entsprechenden Flüssigkeitsverlusten und geringen Urinmengen, eine Infektion der oberen Luftwege, Erschöpfung nach (Über-) Anstrengungen sowie Appetitlosigkeit. Unmittelbar vorher kann es zu Apathie und großem Schlafbedürfnis kommen.

Ohne adäquate Therapie besteht akute Lebensgefahr, deshalb ist eine halbsitzende Lagerung und schnellstmöglicher Abtransport in tiefere Lagen notwendig, wobei wegen des möglichen Zeitverlustes nicht unbedingt auf einen Hubschrauber gewartet werden sollte. Sofern vorhanden, sind zusätzliche Sauerstoffgaben, anfänglich mit ca. 4-6 Liter pro Minute, später mit 2-4 Liter pro Minute und dazwischenliegenden Pausen, Behandlung in einem Überdrucksack sowie Medikamente wie Nifedipin empfehlenswert.
 

Höhenhirnödem (high altitude cerebral edema = HACE)

Diese Erkrankung tritt meist erst oberhalb 5000 m auf und betrifft daher meist Expeditionsbergsteiger. Sie ist zwar seltener, aber noch gefährlicher als das Lungenödem, da sie in etwa 40 % der Fälle zum Tode führt. Das Nervengewebe reagiert sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel. Durch eine veränderte Durchblutung und Wasserverteilung kommt es allmählich zu einer Schwellung und Drucksteigerung im Gehirn. Die Folgen davon sind Koordinationsstörungen wie Gang- und Gleichgewichtsschwankungen. Einfache Tests, um solche Warnsymptome schnell festzustellen, sind z.B. das Gehen im Zehen-Fersen-Gang, d.h. Trippelschritte direkt hintereinander auf einer Linie (am besten mit geschlossenen Augen), während der Finger-Nase-Versuch einfacher, aber nicht so aussagekräftig ist.

Weitere Symptome sind Doppeltsehen und psychische Veränderungen wie Halluzinationen oder Apathie bis hin zu Bewußtlosigkeit. Hier können neben schnellstmöglichem Abstieg und Zusatz-Sauerstoff hohe Kortisongaben lebensrettend sein.

 

Medikamente zur Vorbeugung und Behandlung von Höhenerkrankungen

Medikamente, die in den Mechanismus der Höhenadaptation eingreifen, können eine Höhenkrankheit verschleiern und daher gefährlich werden. Sie erleichtern zwar die Höhenbeschwerden, können aber auch einen scheinbar besseren Akklimatisationszustand und eine falsche Sicherheit vortäuschen! Ähnliches gilt bei bereits eingetretenen Höhenerkrankungen: Die Mittel sind zur unterstützenden Behandlung gut geeignet, ersetzen aber die anderen Maßnahmen, v.a. den Abstieg, nicht! Auch kommt bei einer prophylaktischen Einnahme das ethische Moment des "Doping" ins Spiel.

Zur Vorbeugung von Höhenbeschwerden mit Medikamenten gibt es eindeutige Richtlinien: Tabletten sollten nur dann eingenommen werden, wenn ein schneller Aufstieg unvermeidlich ist (z.B. bei Rettungsaktionen im Hochgebirge oder etwa bei einem Flug nach Lhasa), oder wenn in der Vorgeschichte ein Höhenlungenödem bzw. eine schwere Höhenkrankheit vorgelegen hat. Diamox (kein eigentliches Notfallmedikament) reguliert den Säurebasenhaushalt in der Niere und verbessert vor allem die in der Höhe eingeschränkte Atmung durch Vertiefung, Beschleunigung und Periodisierung. Beim Höhenlungenödem sollte es aber nicht eingesetzt werden.

In der medikamentösen Behandlung des Höhenlungenödems hat sich in den letzten Jahren  Nifidepin (z.B. Adalat) durchgesetzt. Nifidepin senkt den erhöhten Lungenarteriendruck, wirkt deshalb besonders gut beim Lungenödem und führt zu einem verbesserten Gasaustausch. Zusätzlich zeigt es auch einen meßbaren Nutzen beim Aufstieg von gefährdeten Personen, die schon früher ein Lungenödem hatten, und kann deshalb in diesem Spezialfall als Prophylaxe vor einer erneuten Erkrankung verwendet werden.

Trotzdem empfiehlt es sich - außer im Notfall - generell Medikamente umso zurückhaltender einzusetzen, je höher man steigt, da manche (v.a. Schlafmittel) in extremen Höhen gegenteilige Reaktionen auslösen und die Nebenwirkungen sehr gefährlich werden können. Deshalb sollte gerade eine Medikamentenempfehlung immer individuell und nur von einem erfahrenen Höhenmediziner erfolgen. Als praktische Konsequenz sollte der Höhenbergsteiger zwar Medikamente für den Notfall mit sich führen, die Höhenerkrankungen selbst müssen aber unbedingt durch Vernunft und richtiges Verhalten so weit als möglich verhindert werden!

 

Kurzgefaßte praktische Tipps:

Zu Hause:

  • ärztlicher Gesundheitscheck, v.a. für Ältere und Untrainierte,
  • ggf. Belastungs-EKG,
  • langfristiges Ausdauer- und evtl. Techniktraining,
  • Abhärtung und mentales Training,
  • Impfprophylaxe und Zahnarztkontrolle.

Ernährung:

  • Flüssigkeitsbedarf insgesamt deutlich erhöht,
  • Durstgefühl oft gestört, daher über den Durst trinken,
  • tägliche Urinmenge pro Tag mindestens einen Liter,
  • prophylaktische Maßnahmen zur Vermeidung von Durchfällen,
  • ggf. frühzeitig Antibiotika-Gabe zum Erhalt der Leistungsfähigkeit,
  • kohlenhydratreicher Proviant am Berg am ökonomischsten,
  • Fette nur bei Langzeitausdauerleistungen zur Gewichtsminimierung,
  • Vitamin C und E evtl. mit positivem Effekt in der Höhe.

Unterwegs:

  • ab 3000 m langsame stufenweise Adaptation an die Höhe,
  • Schlafhöhe maximal 500 m pro Tag steigern,
  • im Durchschnitt nicht mehr als ca. 1500 m pro Woche,
  • regelmäßig Ruhepuls u. damit Akklimatisationszustand kontrollieren,

Bei Expeditionen:

  • am besten mehrtägiger Anmarsch mit mittelschwerem Gepäck,
  • Basislager zwischen 4500 m und maximal 5500 m errichten,
  • über 7500 m ("Todeszone") nur ganz kurzzeitiger Aufenthalt,
  • Wetter, Psyche und Erfahrung entscheidend für den Gipfelerfolg,
  • und "Der wichtigste Muskel beim Höhenbergsteigen ist das Gehirn!"
     

Goldene Regeln beim Trekking- und Höhenbergsteigen:

Don't go too high too fast! Gehe nicht zu schnell zu hoch!

Go high enough to get acclimatised! Gehe hoch genug zum Akklimatisieren!

Go high, sleep low! Gehe hoch, aber schlafe niedriger!

Don't stay too long too high! Bleibe nicht zu lange zu hoch!

 

Literatur:

Berghold Franz, Schaffert Wolfgang:
Handbuch der Trekking- und Expeditionsmedizin
Praxis der Höhenanpassung - Therapie der Höhenkrankheit
DAV Summit Club, München, 7. Auflage 2009, 136 Seiten

Treibel Walter:
Erste Hilfe und Gesundheit am Berg und auf Reisen
Bergverlag Rother München, 2. Auflage, 2011, 200 Seiten